Presseartikel

nachrichtenblatt - Informationen zur Verkehrspolitik im Rheinland, Heft 1/2006

Wechselbäder im Wiehltal

von Klaus Groß

Seit Dezember 1999 führt der „Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn“ zusammen mit der Rhein-Sieg-Eisenbahn touristischen Verkehr an Wochenenden auf dem Streckenabschnitt Osberghausen – Oberwiehl (anfangs nur bis Wiehl) durch, immer mit dem Ziel im Auge, längerfristig auf der Strecke wieder täglichen Schienenpersonenverkehr zu installieren. Eben dieses Ziel wird von den Anrainerkommunen, allen voran der Stadt Wiehl, heftig bekämpft.

Kaum hatte die neue Landesregierung signalisiert, sie werde neben anderen Strecken auch die Wiehltalbahn Osberghausen – Wiehl – Waldbröl/Morsbach und den Ast Dieringhausen – Bergneustadt aus dem Landesbedarfsplan streichen, sah der Wiehler Bürgermeister Werner Becker-Blonigen seine Chance gekommen, die Strecke endlich aus dem Wiehler Stadtbild loszuwerden. Am 13.1. war in der Lokalpresse zu lesen, die Stadt Wiehl wolle die Bahn kaufen, um sie stillzulegen und in Wiehl mit der lange geplanten Straße zu überbauen. Unterstützung kommt von der Stadt Waldbröl, die auf der Trasse einen Verkehrskreisel bauen will. Die Deutsche Bahn AG, die zuvor mit dem „Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn“ einen Kaufvertrag bis zur Unterschriftsreife aushandelt hatte, war (offensichtlich auf politischen Druck aus Düsseldorf) umgeschwenkt und hatte den Anrainerkommunen die Bahnstrecke zum Kauf angeboten.

Angesichts dieser prekären Situation hat PRO BAHN Rhein-Sieg e.V. einen Appell zur Erhaltung der Wiehltalbahn an die Lokalpolitik gerichtet. In einem Schreiben an die Bürgermeister der Anrainerkommunen, die Städte Wiehl und Waldbröl sowie die Gemeinden Engelskirchen, Reichshof und Morsbach fordert der Verband die Kommunen auf, von dem Plan, die Strecke zu kaufen und dann endgültig stillzulegen, zurückzutreten.

„Wir wollen die Strecke – auch als Touristikbahn im Sommer – erhalten, weil wir vielmehr Sorge haben, dass nach einer endgültigen Stillegung wertvolle Infrastruktur in den Gemeinden des Wiehltals unwiederbringlich vernichtet wird“, so das Schreiben an die Bürgermeister.

Die in naher Zukunft zu erwartende Lage sei gekennzeichnet durch weiter steigende Kraftstoffpreise wegen nicht mehr zunehmender Erdölfördermengen, sinkende Einkommen großer Bevölkerungsteile und damit einem Ende des Wachstums des individuellen Autoverkehrs. Aufgrund dieser absehbaren Entwicklung komme dem öffentlichen Verkehr zwangsläufig wieder eine steigende Bedeutung zu. „In dieser Situation werden die Gemeinden, die dann noch über einen Anschluss an das deutsche Schienennetz verfügen, einen komparativen Vorteil gegenüber solchen Gemeinden haben, die nur über die Straße erschlossen sind“, argumentiert PRO BAHN gegenüber den Bürgermeistern – und weiter: „Für das Wiehltal kann sich schon in fünf oder zehn Jahren ergeben, dass eine wieder aktivierte Bahn durchaus rentabel gestaltet werden kann. Dieses Ergebnis stützt auch ein Gutachten, welches täglich etwa 8.000 Fahrgäste für die Bahn prognostiziert hat“.

Bis Ende Januar hat Bürgermeister Becker-Blonigen einsehen müssen, dass einer endgültigen Stilllegung rechtliche Hürden vorgeschaltet sind, die weder ein Bürgermeister noch ein Stadt- oder Gemeinderat wegschieben kann. Mit immerhin 285 Zugfahrten im Jahr 2005 ist ein gewisser Bedarf an der Strecke nachgewiesen. Die DB hat erkennen müssen, dass aus dem schnellen Verkauf an die Kommunen nichts wird, und bietet dem Förderkreis jetzt monatsweise die Verlängerung des Pachtvertrages an. Und Gerhard Mansel, Vorsitzender des Förderkreises hat signalisiert, dass er zu weitgehenden Kompromissen in der Frage Straßenbau/Bahnübergang in Wiehl bereit ist. Wenn auch eine monatsweise Pachtverlängerung keine Basis für Planungen gibt, so deutet die aktuelle Situation auf Entspannung hin.

Einen großartigen Erfolg konnten die Wiehltalbahner mit Ihrer Veranstaltung „Winterdampf im Wiehltal“ am 29.1.06 verbuchen: bei herrlichem Winterwetter waren 1700 Fahrgäste gekommen, um die Dampflok „2455 Posen“, eine ehemalige preußische P 8, in Aktion auf der Wiehltalbahn zu erleben.