Presseartikel

Oberbergische Volkszeitung, 25. Januar 2007:

Am liebsten unter Volldampf
Andreas Voll ist Lokführer und selbständiger Eisenbahnunternehmer

von HANFRIED LÜCK

DIERINGHAUSEN. Mit elf Jahren packte er schon im Eisenbahnmuseum mit an, und den Kindheitstraum, Lokführer zu werden, teilte er damals mit vielen Gleichaltrigen. Doch Andreas Voll verfolgte seinen Traum konsequent. Heute ist der 30-Jährige nicht nur Lokführer, sondern auch selbständiger Eisenbahn-Unternehmer.
Die Lehre hätte er gern bei der "Bundesbahn" gemacht, doch weil ihm der tägliche Weg vom Heimatort Marienhagen nach Köln zu beschwerlich war, absolvierte er eine Schlosserausbildung bei BPW in Wiehl. Zum Lokführer ließ er sich bei privaten Eisenbahnunternehmen ausbilden, unter anderem im Teutoburger Wald und in Dieringhausen bei der Eisenbahn-Verkehrsgesellschaft im Bergisch-Märkischen Raum (EBM). Mit 23 hatte er den Lokführerschein in der Tasche. Ein Jahr arbeitete er als Rangierer in Köln, dann kehrte er zur EBM zurück.
Die fuhr damals Güterverkehr und für Streckeninstandsetzung. "Gleisarbeiten werden von der Bahn ausgeschrieben, die Unternehmen, die den Auftrag erhalten, suchen sich Subunternehmer fürs Fahren von Schotter, Maschinen oder Kräne", erklärt Voll.
Im August 2004 wagte er den Schritt in die Selbständigkeit. Von dem Geld, das er mit Überstunden verdient hatte, kaufte er sich eine KÖF 2-Kleinlokomotive, Baujahr 1959, und später eine ebenso alte V 60 Diesellok, 650 PS, 60 Stundenkilometer schnell. Für die Finanzierung winkte seine Hausbank entsetzt ab, doch irgendwie bekam er das Geld zusammen. Und Aufträge auch, durch Mund-zu-Mund-Propaganda und übers Internet. "Wenn man zuverlässig ist und einmal einen Namen hat, geht das", erzählt er - "und leben kann ich davon auch.
Für seinen Job nimmt An-dreas Voll auch das Single-Leben in Kauf. Mit Familie sei der Beruf schwer unter einen Hut zu kriegen. Andreas Voll ist im wahrsten Sinne des Wortes "viel auf Achse", von montags bis sonntags rund um die Uhr in Rufbereitschaft. Erhält er einen Auftrag, meldet er die Fahrt bei der Deutschen Bahn an, die für ihn einen Fahrplan erstellt - und für jeden Streckenkilometer kassiert.
Die Arbeit führt Andreas Voll durch ganz Deutschland. Im Hamburg war er schon, im München, Berlin und am Bodensee. Die meisten Aufträge erledigt er in einem Umkreis von 200 Kilometern. Allein ist Andreas Voll da nicht unterwegs. Rund 270 private Eisenbahnunternehmen gibt es heute in Deutschland, und es werden immer mehr. "Als ich noch bei der EBM arbeitete, gab es mehr Aufträge als Loks. Das ist heute anders", sagt Andreas Voll und erinnert sich an ein besonderes Erlebnis. "Als ich für die EBM in Euskirchen einen Bauauftrag mit einer Dampflok abwickelte, schaute sogar die Polizei staunend zu, und die Anwohner feierten spontan ein Straßenfest."

Info der Wiehltalbahn-Website-Redaktion: Andreas Voll ist auch auf Wiehltalbahn-Gleisen unterwegs, so zum Beispiel im Holzverkehr. www.aggerbahn.de