Presseartikel

Oberbergische Volkszeitung vom 15. Dezember 2006:

Eröffnungsfest wurde nachgeholt
Heute vor 100 Jahren wurde die Eisenbahnstrecke von Wiehl nach Waldbröl eröffnet

Am 15. Dezember 1906 wurde die 15 Kilometer lange Eisenbahnstrecke von Wiehl nach Waldbröl fertiggestellt. Damit wurde die Kreisstadt des damals noch bestehenden Kreises Waldbröl an das normalspurige Eisenbahnnetz angeschlossen.

von HORST KOWALSKI

AUS DEM KREIS. Seit 1870 war Waldbröl bereits durch die erste Schmalspurbahn Deutschlands mit dem 31 Kilometer entfernten Hennef verbunden. Zwischen Osberghausen und Wiehl fuhren schon seit April 1897 Personen- und Güterzüge und hatten im unteren Wiehltal einen wirtschaftlichen Aufschwung eingeleitet. Die über neunjährige Verzögerung des Weiterbaues der Wiehltalbahn nach Waldbröl war nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass man sich nicht auf eine Trasse einigen konnte (siehe Kasten).

Erst im Jahre 1904 konnte nach Überwindung aller bürokratischen Hürden mit den Bauarbeiten begonnen werden. Die Waldbröler Zeitung berichtete im Mai 1905: "Hunderte von Arbeitern verschiedener Nationalitäten, wie Italiener, Kroaten, Slowaken, Ungarn und wie sie alle heißen mögen, sind damit beschäftigt, gewaltige Erdmassen loszumachen. Dort wird ein Berg abgetragen und hier ein Tal ausgefüllt. Die kleine Lokomotive der Feldbahn schleppt keuchend und pustend das Erdmaterial vorwärts, um für ihre größeren Schwestern demnächst den Weg zu ebnen."

Am Ende der rund zweijährigen Bauarbeiten fand am 8. Dezember 1906 die landespolizeiliche Abnahme statt. Am 15. Dezember konnte dann endlich der Betrieb zwischen Osberghausen und Waldbröl aufgenommen werden.

Empfangsgebäude war noch nicht fertig

Bemerkenswert ist, dass aus diesem Anlass nicht wie andernorts üblich ein großes Fest gefeiert wurde. Allerdings boten sowohl das noch nicht fertig gestellte Empfangsgebäude sowie der im Bau befindliche Lokschuppen auch keinen würdigen Rahmen für eine solche Feier. Die bisher zwischen Osberghausen und Wiehl verkehrenden fünf Personenzugpaare täglich wurden nun bis Waldbröl durchgeführt.

Wegen der teilweise starken Steigungsabschnitte der Strecke - Hermesdorf liegt immerhin auf fast 310 Meter über NN, Osberghausen auf knapp 147 Metern - war der Einsatz kräftiger Dampflokomotiven erforderlich. In Waldbröl wurden zwei Tenderlokomotiven der preußischen Baureihe T8 und zwar T8 7003 und T8 7004 Elberfeld fabrikneu angeliefert. Eine der bisher in Wiehl stationierten, schwächeren, preußischen T3-Loks übernahm den Rangierdienst in Waldbröl.

Auf dem neuen Streckenstück wurden nun die Bahnhöfe Oberwiehl, Brückermühle, Denklingen und Hermesdorf eröffnet, zu denen 1907 noch die Haltestelle Remperg hinzu kam. Am Vortag der Eröffnung der Nebenstrecke Hermesdorf-Morsbach, die am 1. Oktober 1908 erfolgte, gab es dann doch noch eine gebührende Feier. Weitere fünf Zugpaare täglich und der auch wegen des Viehmarktes in Waldbröl erheblich steigende Güterverkehr machten schon bald eine Erweiterung der Gleisanlagen im Bahnhofsbereich erforderlich.

Nachzutragen bliebe noch, dass die Stichbahn von Brüchermühle nach Wildbergerhütte erst am 31. Oktober 1910 eröffnet wurde - viel zu spät für die Bergbau- und Steinbruchbetriebe. Zu einem Weiterbau nach Rothemühle kam es nicht. Trotz Wirtschaftskrisen und Kriegen erfüllte die Strecke die in sie gesetzten Hoffnungen, bevor in den 1960er Jahren die Individualisierung des Personenverkehrs und eine Abwanderung des Güterverkehrs zum Lkw den Niedergang einleiteten.

So kam es wie es kommen musste: Am 25. September 1965 wurde der Personenverkehr eingestellt. Der letzte Güterzug mit der Nummer 67 141 verließ Waldbröl am 5. Oktober 1994. Während der Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn zwischen Oberwiehl und Waldbröl dabei ist, die Strecke wieder befahrbar zu machen, wie es ihm zwischen Osberghausen und Oberwiehl schon vor etlichen Jahren gelungen ist, möchten sich manche Politiker lieber heute als morgen des Schienenstranges entledigen.

 

STRECKENFÜHRUNG

Im oberen Wiehltal favorisierte man eine Weiterführung über Brüchermühle nach Wildbergerhütte und weiter nach Rothemühle. Als Variante lag ein Streckenvorschlag Wiehl-Homburger Bröltal-Waldbröl-Rosbach/Sieg vor. Das Für und Wider beider Versionen wurde zeitraubend diskutiert. Eine Kompromisslösung sah schließlich vor, die Strecke nach Waldbröl über Brüchermühle und Denklingen zu führen. Von Brüchermühle aus sollte eine Strecke nach Wildbergerhütte mit der Option Weiterbau nach Rothemühle erstellt werden. Zudem bot die Kompromissstrecke die Möglichkeit, in Hermesdorf eine Verbindung mit Morsbach und von dort über die bereits seit dem 1. Oktober 1890 bestehende Wissertalbahn in Wissen eine Verknüpfung mit der Siegstrecke herzustellen. Das Gesetz zur Realisierung dieser Lösung wurde am 20. Mai 1902 verabschiedet. (hk)