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Urteile des Verwaltungsgerichts Köln zugunsten der Wiehltalbahn

Lang erwartete Weichenstellung:
Wiehltalbahn ist und bleibt eine Eisenbahn

 Ein gutes Dutzend Prozesse wurden in den letzten beiden Jahren um die oberbergische Wiehltalbahn von Osberghausen nach Waldbröl und Morsbach geführt, doch die gestrige Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Köln galt als die entscheidende. Ergebnis: Das Verwaltungsgericht gab den drei Klagen der betriebsführenden Rhein-Sieg-Eisenbahn GmbH statt und hob die Freistellungsbescheide der Bezirksregierung Köln für die Bahngrundstücke in den Gemeinden Wiehl, Reichshof und Waldbröl auf.

Ebenfalls am 14. November 2008 verhandelt wurden zwei Klagen der Gemeinde Morsbach. Ihre Klage gegen die der Rhein-Sieg-Eisenbahn GmbH vom Land NRW erteilte Betriebsgenehmigung bis zum Jahr 2058 wurde abgewiesen, eine weitere Klage wurde an das Landgericht Bonn verwiesen.

Die Wiehltalbahn bleibt damit, was sie immer war: eine Eisenbahn. Die Kommunen scheiterten erneut mit ihrem Versuch, den Betrieb auf den denkmalgeschützten Gleisen zu unterbinden und letztendlich die Strecke zu demontieren. Seit 1999 wird die Wiehltalbahn gemeinsam von Rhein-Sieg-Eisenbahn GmbH, dem Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn e.V. und der WiehltalBahn GmbH betrieben.

Vertreten wurde die Rhein-Sieg-Eisenbahn von Dr. Bernd Uhlenhut und Dr. Roman Brauner von der Kanzlei BSU legal, die Kommunen von der Kanzlei Lenz und Johlen.

Öffentliche Hand handelt auf Kosten des Steuerzahlers

Die Bezirksregierung und die Gemeinde Morsbach können zwar gegen die Urteile binnen eines Monats Widerspruch einlegen, die Vorsitzende Richterin der 18. Kammer, Dr. Rita Zimmermann-Rohde, gab den Vertretern der öffentlichen Hand aber deutliche Worte mit auf den Heimweg: Sie ermahnte sie, sich den Weg durch die Instanzen gut zu überlegen, da sie angesichts der klaren Rechtslage nicht mit einem anderen Ergebnis vor dem Oberverwaltungsgericht rechne. Land und Kommunen sollten berücksichtigen, dass die Verfahren mit Steuergeldern geführt würden.

Entwidmung nicht rechtens

Zentraler Streitpunkt war die Frage nach dem Verkehrsbedürfnis. Nur wenn dieses gegenwärtig nicht vorhanden und auch zukünftig nicht zu erwarten ist, darf eine Strecke überhaupt von Bahnbetriebszwecken freigestellt – „entwidmet“ – werden.

Trotz der jährlich 400 Zugfahrten auf der Wiehltalbahn sah die Bezirksregierung kein Verkehrsbedürfnis. Dieser Meinung schloss sich das Gericht nicht an. Der Begriff des Verkehrsbedürfnisses sei sehr weit auszulegen; ob ein Verkehrsbedürfnis vorliege, könne nur langfristig gesehen werden. Der Vertreterin der Bezirksregierung warf die Richterin vor, das Gesetz falsch zu interpretieren.

Die Kommunen hatten auch mit ihrem politischen Gestaltungsspielraum argumentiert. Diesen Gestaltungsspielraum sah das Gericht angesichts der Verbindlichkeit eines Bundesgesetzes nicht. Rechtsanwalt Dr. Uhlenhut: „Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts zeigen, dass man in eine laufende Eisenbahninfrastruktur nicht aus kurzfristigen lokalpolitischen Erwägungen eingreifen kann.“ Wiehls Bürgermeister Werner Becker-Blonigen hingegen sagte nach der Verhandlung gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger, letztendlich müsse das Land wohl unabhängig vom Thema Wiehltalbahn klären lassen, ob ein Rechtsanspruch höher bewertet werden könne als Entscheidungen von Landtag und Regionalrat.

Streckenteil Hermesdorf – Morsbach: Betriebsgenehmigung bleibt bestehen

Der Streckenabschnitt Hermesdorf – Morsbach war erst mit der Erteilung der Betriebsgenehmigung bis 2058 an die Rhein-Sieg-Eisenbahn im August 2008 ins Blickfeld gerückt. Seitdem versucht die Gemeinde Morsbach, die Reaktivierung gerichtlich und durch tätlichen Eingriff zu verhindern. Sie klagte gegen das Land NRW mit dem Ziel der Rücknahme der Betriebsgenehmigung, weil sie sich in ihren Eigentümerrechten verletzt sah. Dieser Klage gab das Gericht nicht statt.

Vor das falsche Gericht gezogen war die Gemeinde Morsbach mit ihrer Auffassung, dass sie nicht verpflichtet sei, den Betrieb auf der ihr gehörenden Eisenbahnstrecke zu dulden. Das Verwaltungsgericht verwies diese Klage an das Landgericht Bonn. Dort sind allerdings die Gemeinden Reichshof und Waldbröl bereits vor einem halben Jahr mit dem gleichen Ansinnen gescheitert.

Offen ist für den Morsbacher Streckenast noch die Entwidmung. Das Eisenbahn-Bundesamt hatte die Strecke entwidmet. Über den Widerspruch der Rhein-Sieg-Eisenbahn wurde noch nicht entschieden.

Konsequenzen aus den Urteilen

Werner Becker-Blonigen sprach gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger angesichts der Urteile von einer „interessanten Entwicklung der Rechtsprechung“. Allerdings hatten die Wiehltalbahner allen Ratsfraktionen im Wiehltal bereits vor zwei Jahren und damit vor dem Kauf der Bahnstrecke durch die Kommunen ein Rechtsgutachten zur Verfügung gestellt, in dem das gestern gefällte Urteil in Aussicht gestellt wurde.

Für die Kommunen wird sich die Frage stellen, wie sie in Sachen Wiehltalbahn nach vorne blicken können. Nach den gestrigen Urteilen ist zu erwarten, dass es einen Kreisverkehr in Waldbröl und eine Verbindungsstraße in Wiehl nur mit Bahn geben wird.

Werden die Urteile rechtskräftig, besteht für die Bahnbetreiber endlich Rechtssicherheit. Jahrelang mussten Rainer Bohnet, Geschäftsführer der Rhein-Sieg Eisenbahn GmbH, und Klaus Schmidt, Geschäftsführer der WiehltalBahn GmbH, potentiellen Güterkunden gegenüber die fehlende Planungssicherheit eingestehen. Nun können die Firmen dauerhaft in Verladeeinrichtungen und damit in die oberbergische Infrastruktur investieren.

Auch für den oberbergischen Tourismus haben die Urteile Folgen: Wie geplant, kann nun im kommenden Jahr der attraktive Dampfzugbetrieb mit der Dampflok „Waldbröl“ des Eisenbahnmuseums Dieringhausen auf der Wiehltalbahn starten.

Überdies müssen bundesweit Güter- und Tourismusbahnen nicht mehr fürchten, von Kommunalräten über den Weg einer „kalten Stilllegung“ die Gleise unter den Rädern entzogen zu bekommen.

Die Urteile:
Urteil Entwidmung Stadt Wiehl
Urteil Entwidmung Gemeinde Reichshof
Urteil Entwidmung Stadt Waldbröl

Urteil zum Fortbestand der Betriebsgenehmigung für die Strecke Hermesdorf - Morsbach

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